Keramische Formgebung



Arbeiten von Andrea Kopp und Edith Kurre

Ausgezeichnet mit dem Christoph Klauser Kunst- und Kulturpreis 2012


 

Seit 13 Jahren werden mit dem Studienabschluss-Preis des BSA Studierende gefördert, die kurz vor dem Abschluss ihres Studiums stehen bzw. es vor Kurzem abgeschlossen haben, während Ihres Studiums neben qualitätsvollen Studienleistungen auch gesellschaftspolitisches Engagement zeigen und sich bei ihrer Abschlussarbeit mit einem aktuellen gesellschaftspolitisch relevanten Thema auseinandersetzen. (Ausschreibung)

 

Der Christoph Klauser-Preis wurde im Herbst 2012 an Andrea Kopp und Edith Kurre, Absolventinnen der Meisterschule für Keramische Formgebung, vergeben.

 

Die folgenden Passagen entstammen dem Laudatio zur Verleihung des Christoph Klauser-Kunst- und Kulturpreises 2012 von Dr.in Edith Risse:

 


 

STOLEN Gestohlene Substanz

Abschlussarbeit von Andrea Kopp zum Thema „Substanz"

 

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Andrea Kopp fand schon früh Gefallen an der Kunst wie auch an Kultur und dem Reisen. Die griechische Mythologie wie auch das alte keltische Irland sind immer wieder Ausgangspunkte für ihr Schaffen. Aber auch neue Medien bezieht sie in ihre Werke ein.

 

Seit dem ersten Kontakt mit Ton ist sie davon fasziniert, ihre Ideen dreidimensional zu gestalten. Von anfangs lieblichen, teilweise naturalistischen Skulpturen entwickelte sich ihr Schaffen immer mehr hin zu Arbeiten, die sich mit gesellschaftskritischen, religiösen, psychologischen wie auch politischen Themen auseinandersetzen. Die Interaktion von Werkstoffen wie Textilien, Metall, Haaren oder Kunststoff mit „dem“ Werkstoff Ton spielt dabei eine große Rolle.

 

Besonders wichtig ist für sie die emotionale Auseinandersetzung des Betrachters mit dem Werk: „Das Äußere verliert – das Innere gewinnt an Bedeutung.“

 

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Zu ihrer Abschlussarbeit: STOLEN Gestohlene Substanz

 

Die Aufmerksamkeit der Künstlerin wurde im März durch den millionenfachen Aufruf eines YouTube-Videos auf eine Internetkampagne – „KONY 2012“ – gelenkt. Bis Ende des Jahres 2012 soll der ugandische Rebellenführer und Kriegsverbrecher Joseph Kony gefunden und zur Verantwortung gezogen werden. Er soll in den letzten 26 Jahren für die Entführung von mehr als 30.000 Kindern und Jugendlichen verantwortlich sein, die als KindersoldatInnen bzw. SexsklavInnen missbraucht werden. In den Medien wird oft von bis zu 300.000 gestohlenen Kindern gesprochen.

 

Kinder haben Substanz – Kinder sind Substanz. Durch Kindesentführungen wird unserer Gesellschaft diese Substanz gestohlen, den Kindern wird gleichzeitig ihre ganz persönliche Substanz gestohlen. Kinder, die in Afrika als Kindersoldaten uniformiert und missbraucht werden, verlieren ihre Individualität. Stellvertretend für alle diese Kinder stehen ihre 30 „Kinder“ da, um im Bewusstsein des Betrachters Spuren zu hinterlassen. Andrea Kopps „Kinder“ sind ihrer Substanz, ihrer Individualität beraubt worden. Man sieht sie nicht. Sie wurden zu Einheitsbrei – alle sind gleich – kein Anzeichen von Individualität.

 

Darüber hinaus spielen Körperbemalung und Narben als Schmuck in der Tradition afrikanischer Völker eine große Rolle. In ihrer Arbeit stellt sie afrikanische (aber auch nichtafrikanische) Kinder als archaische Form dar: Abgerundete Ton-Kegel mit individueller farbiger Engoben-(Körper-)Bemalung, geritzt und teilweise poliert. Die Kinder stehen auf einem Tisch und sind „eingestrickt“.

 

Einerseits kann die Ummantelung des Körpers als Schutz interpretiert werden, aber sie stellt auch eine Tarnkappe dar, die die Kinder bzw. deren Individualität unsichtbar macht. Durch das Lüften der „Bestrickung“ wird das Kind symbolisch befreit und so seine Individualität, seine Substanz, sichtbar gemacht.

 


 

Body & Soul

Abschlussarbeit von Edith Kurre zum Thema „Substanz"

 

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In der Abschlussarbeit der Meisterschule für Keramische Formgebung setzt sich Edith Kurre zum Thema „Substanz“ mit der Problematik des Körpers auf der Suche nach Balance auseinander.

 

Thematisiert wird die Zunahme von seelischen Erkrankungen, welche als größte Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gelten. Schuld daran trägt wohl die permanente gesellschaftliche Beschleunigung. Seelische Erkrankungen haben meist eine lange Vorgeschichte – auch gesellschaftlich. Zu weit verbreiteten Erschöpfungszuständen wie derzeit beim Burn-out-Syndrom, kam es schon während der Industrialisierung, zu einer Zeit als sich – wie heute – die Lebensumstände und Arbeitsbedingungen dramatisch wandelten. Der Zusammenbruch ist vorprogrammiert. Auf großen beruflichen Einsatz folgt die Vernachlässigung eigener Bedürfnisse, die Leugnung auftretender Probleme, Rückzug, Verhaltensveränderungen, innere Leere. Schließlich der Zusammenbruch – ein Burn-out!
Die Abschlussarbeit bezieht sich auf Situationen, die unsere Seele aus dem sogenannten Gleichgewicht bringen können und soll zum Nachdenken anregen. Bin ich der oder die der ich sein will – oder bin ich der oder die, der ich sein soll? Dieses Spannungsfeld bearbeitet Edith Kurre in einer skulpturalen Darstellung.

 

Die Skulpturen bestehen aus zwei Teilen, um zu zeigen, dass der kranke Körper zweigeteilt – aus der Mitte – aus seiner Balance geraten, ist. Nur durch sorgfältiges, gefühlvolles Ausbalancieren – dem Ausrichten in der Mitte, passen sie zusammen. Die Figuren sind zwischen 12 und 90 Zentimeter groß, die Arbeit besteht aus 21 Figuren zu jeweils zwei Teilen. Die verschiedenen Größen stehen für die unterschiedlich großen und kleinen Nöte und Sorgen. Die Figuren sind auf einem transparenten, luftig wirkenden Untergrund in bestimmter Höhe platziert. Diese Fläche wird von herkömmlichen Bauböcken aus Holz getragen.

 

 

 

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